Bericht über die Untersuchung von 2 Goldnuggets

Ich bedanke mich beim Naturhistorischen Museum Bern, im besonderen bei Dr. Beda A. Hofmann für diese aufwendigen Analysen.

1. Ara Fontanivas Nugget (AFN) von Herrn Peter Bölsterli (123.18 g)
(angegebener Fundort: Vorderrhein oberhalb Disentis)

2. Desertina Nugget (DN) von Herrn August Brändle (48.73 g)
(angegebener Fundort: Lukmanierschlucht)

1. Ausgangslage

Die beiden Nuggets AFN und DN konnten am 29.12.1997 von den Besitzern leihweise zur Untersuchung entgegengenommen werden. Nach dem Bekanntwerden des Fundes von AFN (Blick, 14.8.1997) waren Gerüchte aufgetaucht, AFN sowie auch der rund ein Jahr vorher gefundene DN könnten eventuell nicht aus dem Raume Disentis stammen, sondern könnten Gold ausländischer Herkunft sein. Die Untersuchung der Nuggets diente deshalb vor allem dazu, Argumente für oder gegen eine Herkunft aus der Region Disentis zu finden. Als Vergleichs- und Referenzmaterial standen verschiedene Proben von Waschgold aus der Lukmanierschlucht (Sammlung Naturhistorisches Museum Bern, diverse Lieferanten) sowie eine Probe von feinem Waschgold aus dem Vorderrhein von P. Bölsterli zur Verfügung.

Die Untersuchung der Nuggets wurde in gegenseitigem Einverständnis und kostenlos durchgeführt. Das Interesse des Naturhistorischen Museums Bern an dieser Abklärung lag darin, das Vorkommen grosser Nuggets in der Schweiz zu verifizieren.

2. Methodik

Als Basis für die weiteren Untersuchungen wurde beide Nuggets unter dem Binokular mit 40-facher Vergrösserung gründlich untersucht.

Charakteristisch für Gold verschiedener Herkunft kann sowohl die Zusammensetzung des Goldes selbst als auch die Art der eingeschlossenen Mineralien sein. Beide Charakteristiken wurden untersucht. Die Mineralogie eingeschlossener Mineralien wurde mittels Röntgendiffraktion (Guinier-Kamera) sowie mittels qualitativer energiedispersiver Analyse auf dem Rasterelektronen-mikroskop (EDS) untersucht. Chemische Analysen des Goldes wurden mittels quantitativer energiedispersiver Röntgenfluoreszenz-Analysen (XRF) bei einer Probenfläche von rund 5 mm Durchmesser im Laboratorium von Prof. W. Stern (Mineralogisch-petrographisches Institut der Universität Basel) sowie mit der Elektronenstrahlmikrosonde (EMS, wellenlängendispersive Analyse) durch PD Dr. Larryn Diamond, Mineralogisch-petrographisches Institut der Universität Bern, durchgeführt.

Wichtige Charakteristiken der beiden chemischen Methoden: XRF gibt Auskunft über Probenpunkte von rund 5 mm Durchmesser, es wird nur Material analysiert, welches ein Bruchteil eines Millimeters tief unter der Oberfläche liegt. Aufgrund der energiedispersiven Analytik ist die Nachweisgrenze für schwere Elemente wie Hg, Pb neben Au relativ schlecht. Für jedes Nugget wurden mehrere Punkte von 5 mm Durchmesser, verteilt über die ganze Oberfläche, gemessen. Die Resultate sind also sehr repräsentativ.

Mikrosondenanalysen wurden an kleinsten (unter 1mm), mit einem Skalpell abgetrennten Flitterchen durchgeführt. Die Analysen erfolgten also nur auf einem sehr kleinen Teil der Nuggets, sind also weniger repräsentativ als die XRF-Analysen. Die Nachweisgrenzen für seltene Elemente wie Hg, Pb etc sind jedoch tiefer.

3. Resultate der mineralogischen Analyse

Mikroskopie: AFN ist ein gerundetes Nugget ohne Anzeichen von frei kristallisiertem Gold. Chlorit ist in einer grösseren Vertiefung auf der Schmalseite deutlich erkennbar, ebenso Quarz und Muskovit.
DN zeigt eine unregelmässigere Form, bedingt durch Anwesenheit vieler Goldkristalle und dazwischenliegenden Hohlräumen. Darin befinden sich relativ viele eingedrückte Sandkörner, vor allem von Gesteinspartikeln, wie sie in der Lukmanierschlucht vorkommen (Schiefer, Quarz).

Der AFN enthält eine Reihe von Mineraleinschlüssen, welche bereits unter dem Binokular eindeutig bestimmbar waren. Zusammen mit EDS konnten die folgenden Mineralien nachgewiesen werden:
Quarz, Albit, Klinochlor (Chloritvarietät),  Chalkopyrit, Muskovit, Phase mit seltenen Erden (La, Ce, Nd). Mengenmässig treten v.a. Chlorit, Quarz und Muskovit hervor. Muskovit zeigt Anzeichen tektonischer Deformation.

Im DN konnten lediglich Quarz und Chlorit als Einschlüsse festgestellt werden.

Auf der Oberfläche konnte bei beiden Nuggets Ablagerungen von Limonit festgestellt werden, wie dies auch bei kleineren Nuggets aus der Region Disentis regelmässig zu beobachten ist. Dieser Limonit wurde mittels EDS (REM) auf Nebenelemente untersucht.

Limonit auf AFN: Fe>>K, Ca, Cl, Pb, P, Si, Al, Mg, Na
(Na und Cl können Kontamination durch Schweiss sein)

Limonit auf DN:Fe>>Si, Ca

Der Limonit auf den Oberflächen beweist zudem, dass beide Nuggets nicht mit starken Säuren gereinigt wurden.

Als besonders bemerkenswert dürfen die Mineraleinschlüsse im AFN gelten. Der eingeschlossene Chlorit ist von der Zusammensetzung her, aber auch von der Grösse und Ausbildung der Kristalle, ein typischer alpiner Kluftchlorit. Dies ist ein guter Hinweis für eine Herkunft aus dem alpinen Raum.

4. Chemische Analysen

Die Resultate der chemischen Analysen sind auf den Tabellen 1-3 zusammengestellt, zusammen mit Analysen von feinerem Waschgold aus Lukmanierschlucht, resp. Vorderrhein. Ein Vergleich der Analysenresultate zeigt, dass beide Methoden eine gute Übereinstimmung zwischen Waschgold und grossen Nuggets zeigen. Ausser für Silber und Gold liegen die nachgewiesenen Gehalte nahe den Nachweisgrenzen und sind von eher geringer Aussagekraft. Auffallend ist die grosse Variationsbreite des Silbergehalts von Lukmaniergold (6.6 - 28.7 % Ag nach EMS; 15.0-37.3 nach EDS, Gesamtvariation 6.6-37.3% Ag). Innerhalb eines Nuggets variiert der Silbergehalt um 5% (AFN) resp. 3.1% (DN).

Als repräsentativste Silbergehalte können die mittleren EDS-Werte von 21.9% Ag (AFN) und 18.14% Ag (DN) gelten. Diese Werte liegen nahe beim mittleren Silbergehalt des Lukmaniergoldes sowie beim Waschgold aus dem Vorderrhein. Die chemischen Analysen zeigen also, dass beide Nuggets von der Zusammensetzung her dem aus der Region bekannten Gold entsprechen. Einschränkend ist zu sagen, dass der Silbergehalt von Gold wenig charakteristisch ist, ähnliche Silbergehalte treten auch in anderen Vorkommen auf.

Bei den Gehalten anderer Elemente zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Nuggets und den Referenzproben. In fast allen Proben (bis auf 2) konnte etwas Quecksilber (Hg) nachgewiesen werden. Der Grund für diese "Ausreisser" ist unklar.

Beim Kupfer sind die Resultate der XRF im Mittel um einen Faktor 7.6 höher als die EMS-Daten. Der Grund für diese Diskrepanz ist zur Zeit unklar. Da die Werte für alle analysierten Proben ähnlich sind, ist dies für die Schlussfolgerungen jedoch unwichtig.

In Tab. 4 sind die aus den mittleren Silbergehalten sowie aus dem Gewicht und der Dichte berechneten Anteile von Gold, Silber und Fremdmineralien in beiden Nuggets zusammengestellt. AFN enthält 93.5 g Gold, 26.5 g Silber und 3.1 g Fremdmineralien. DN enthält 38.8 g Gold, 8.7 g Silber und 1.3 g Fremdmineralien.

5. Schlussfolgerungen

Die mineralogische Analyse von AFN zeigt deutlich alpine Charakteristik. Die Oberflächenbeschaffenheit von AFN ist wenig charakteristisch, das Nugget ist relativ stark mechanisch beansprucht. DN ist mineralogisch weniger deutlich alpin, zeigt aber von der Oberflächenbeschaffenheit her eine sehr grosse Ähnlichkeit mit kleineren Nuggets aus der Lukmanierschlucht. Von der chemischen Zusammensetzung her passen AFN und DN zum feineren Waschgold der Region Disentis.

Die Variationen des Silbergehalts innerhalb eines Nuggets, die Einschlüsse von Fremdmineralien sowie die Oberflächenbeläge von Limonit zeigen eindeutig, dass es sich um echte Nuggets (und nicht etwa gegossenes Gold) handelt.

Es lässt sich zwar nicht mit absoluter Sicherheit ausschliessen, dass eines oder beide Nuggets ausländischer Herkunft sind, die geschilderten Charakteristiken, vor allem der alpine Kluftchlorit in AFN, die Oberflächenbeschaffenheit von DN, sowie die chemische Zusammensetzung von AFN und DN deuten jedoch stark darauf hin, dass beide Nuggets aus der Region Disentis stammen.

DN dürfte aus einer zerrkluftähnlichen Bildung im Bereich der Goldvererzungen in der Lukmanierschlucht stammen, die Bildung des Goldes also alpinen Alters sein.

AFN ist ein etwas abweichender Typ, es enthält kein kristallisiertes Gold, dafür tektonisch deformierten Muskovit. Diese Probe könnte aus einer voralpinen Vererzung mit alpiner Überprägung (Kluftchlorit) stammen.

6. Dank

Diese Untersuchung konnte nur dank Unterstützung durch Prof. Willem Stern (XRF, Min.-petr. Institut, Univ. Basel) und PD Dr. Larryn Diamond (Mikrosonde, Min.-petr. Institut, Univ. Bern) durchgeführt werden. Weitere Unterstützung erhielt ich von Dr. Marco Herwegh (Rasterelektronen-mikroskopie, Geol. Inst. Univ. Bern) sowie von Philipp Häuselmann (Naturhist. Museum Bern).

Bern, den 22.6.1998
Dr. Beda A. Hofmann
Konservator, Abteilung Erdwissenschaften
Bernastr. 15
3005 Bern